Jahresbericht 2013 - page 121

Preisträger
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3 Fragen.
3 Antworten.
Sie sind für Ihre Lyrik schon vielfach ausge-
zeichnet worden. Was bedeutet der Leonce-
und-Lena-Preis für Sie?
Sehr viel. Das ist mein erster „großer“ Preis,
er bedeutet eine Anerkennung meiner Ar-
beit, die ich mir sehr gewünscht habe, er
bedeutet Aufmerksamkeit für meine neu-
en Texte, bei denen es mir sehr wichtig ist,
dass sie gehört werden.
Welches sind die zentralen Themen, mit de-
nen Sie sich in Ihren Gedichten beschäftigen?
In meinem letzten Band „gierstabil“ ging es
mir vor allemumMacht- und Abhängigkeits-
verhältnisse und die damit einhergehenden
Deformierungen. Es gingumDruck, umram-
ponierte Kommunikationen, um Dynamiken
in Beziehungen. Mein aktueller Band „gorgos
portfolio“ führt die Thematik fort, weitet je-
doch den Blick. Der Kritiker Michael Braun
sprach mit Bezug auf meine Texte davon, „die
kalte Rationalität der kapitalistischen Geld-
logik auf die Ökonomie der menschlichen
Beziehungen anzuwenden“. Mein Grundge-
danke ist, diese Logik – und vor allem ihre
Übertragung auf alle anderen Lebensbereiche
– alsmonströs zu interpretieren.Mir ging es in
den Texten darum, Prozesse sukzessiver, auch
schuldhafter Verstrickung und Verwandlung
innerhalb eines Systems nachzuvollziehen,
Fragen nachzugehenwie: Ab wann genau ver-
halten wir uns monströs? Ab wann überformt
uns dieses Verhalten? Ab wann genau also ist
etwas monströs, ab wann sind wir es?
Welche Rolle spielte die Studienstiftung für
Ihren Werdegang als Wissenschaftlerin und
Schriftstellerin?
Ich arbeite nicht wissenschaftlich, sondern
darf als Fachfremde ein sehr spannendes
Projekt der Exzellenzinitiative koordinie-
ren. Die Studienstiftung hat mir Erfahrun-
gen ermöglicht, die mich geprägt haben
und die auch ganz konkrete Folgen hatten.
Bei meinem Studienaufenthalt in den USA
etwa traf ich auf den Schriftsteller Arnold
Stadler, der mir damals nicht nur eine völ-
lig neue Perspektive auf meine eigenen
Texte gab, sondern später auch das Nach-
wort zu meinem ersten Band schrieb.
Katharina Schultens
geb. 1980, ist Schriftstellerin und Geschäftsfüh-
rerin der School of Analytical Sciences Adlers-
hof an der Humboldt-Universität zu Berlin. Von
2000 bis 2004 war sie Stipendiatin der Studien-
stiftung. Nach mehreren Auszeichnungen, etwa
mit dem Förderpreis zum Kunstpreis des Lan-
des Rheinland-Pfalz, erhielt die studierte Kul-
turwissenschaftlerin 2013 den renommierten
Leonce-und-Lena-Preis.
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