Programmheft 2014 - page 209

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Lebenswissenschaftliches Kolleg
6. BIOPHYSIK UND BIOPHYSIKALISCHE CHEMIE
Leitung
Prof. Dr. Matthias Weiss
Lehrstuhl Experimentalphysik I, Universität Bayreuth
Musterbildung in Zellen und Geweben
Das Überleben von Zellen sowie die räumlich-zeitliche Organisation von Zellkolonien und
Geweben („Muster“) wird maßgeblich durch eine Kombination von Transportprozessen
und biochemischen Reaktionen bestimmt. Proteine diffundieren beispielsweise durch das
Zytoplasma und auf Membranen, um Bindungspartner zu finden, die Zellpolarisation und
eine gerichtete Migration anstoßen; Motormoleküle ziehen Organellfragmente entlang des
Zytoskeletts, um das Innere der Zelle zu strukturieren; Zellen wandern auf Substraten und
im Gewebe, um spezialisierte makroskopische Verbände zu bilden. Transport und damit
verbundene Musterbildung findet also auf vielen Längenskalen (von wenigen Nanometern
bis zu einigen Zentimetern) und sehr unterschiedlichen Zeitskalen (von Mikrosekunden
bis Tagen) statt. Die Bildung von Mustern ist dabei nicht auf höher entwickelte Zellen be-
schränkt, sondern zeigt sich in unterschiedlichen Ausprägungen sowohl bei Prokaryonten
(z.B. Bakterien) wie auch Eukaryonten (z.B. Hefe, Säugetiere).
Die überwiegende Menge der Musterbildungsphänomene in biologischen Systemen beruht
dabei auf dem Umsatz chemisch gespeicherter Energie, z.B. der Hydrolyse von Adenosin-
triphosphat (ATP) zu Adenosindiphosphat (ADP). In der Sprache der Physik sind diese
Musterbildungsprozesse also Phänomene, die weitab des thermodynamischen Gleichge-
wichts auftreten.
Die Erforschung fundamentaler Prozesse und spezieller Ausprägungen der Musterbildung
in biologischen Systemen hat sich in den letzten Jahren zu einem wichtigen und frucht-
baren Gebiet der Biophysik und der quantitativen Biologie entwickelt. Im Kolleg werden
prototypische Beispiele für biologische Musterbildung, z.B. Zellschwärme und embryo-
nale Entwicklung, sowie die zugehörigen theoretischen und experimentellen Grundlagen
behandelt. Zusätzliche Gastdozenten werden zudem Einblicke in aktuelle Fragen dieses
dynamischen Forschungsgebietes geben. Geplant ist, neben Computersimulationen von
biologisch relevanten Musterbildungsmodellen auch einige experimentelle Techniken im
Rahmen eines Laborpraktikums in der Praxis kennenzulernen.
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