Programmheft 2014 - page 198

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Gesellschaftswissenschaftliches Kolleg
3. Religion und Kultur. Eine religionssoziologische
Perspektive
Leitung
Prof. Dr. Bernhard Giesen
Professur für Makrosoziologie, Universität Konstanz
1. Tagung: zusammen mit
Prof. Dr. Dr. h.c. Jan Assmann
, Universität Heidelberg
2. Tagung: zusammen mit
Prof. Dr. Johannes Weiß
, Universität Kassel
3. Tagung: zusammen mit
PDDr. Kay Junge
, Universität Konstanz
Die Arbeitsgruppe wird sich zunächst die wichtigsten Modelle der klassischen Religions-
soziologie erarbeiten. Hierzu gehören Max Webers Typologie der Erlösungsreligionen,
Émile Durkheims Modell der Konstruktion der Gemeinschaft in der rituellen Praxis,
William James’ pragmatistischer Entwurf religiöser Weltzuwendung und Thomas Luck-
manns Idee der großen Transzendenz. In diesem Zusammenhang sollen auch schon re-
ligionssoziologische Debatten der Gegenwart angesprochen werden. Im Mittelpunkt der
ersten Tagung stehen die Fragen: Können wir nach einer Zeit der Säkularisierung und Ra-
tionalisierung heute von einer Rückkehr der Religion sprechen? Erfasst diese Rückkehr
des Religiösen – wenn es sie denn gibt – gleichermaßen alle Bereiche der öffentlichen und
privaten Kommunikation? Unterscheiden sich Religionen im Hinblick auf ihre Neigung
zu fundamentalistischer Rückkehr und zu einer wörtlichen Interpretation der jeweiligen
heiligen Schriften?
In ähnlicher Weise sollen verschiedene Bedeutungen des Kulturbegriffs skizziert (Kultur
als Grenzziehung und Klassifikation, Kultur als rituelle Performanz und Praxis, Kultur als
kollektives Imaginäres, Kultur als Erzählung) und die Bedeutung von kultureller Gemein-
samkeit als Motiv für politische Bewegungen und Konflikte wie auch als Grundlage so-
zialer Integration und kollektiver Identität angesprochen werden. Darauffolgend werden
unterschiedliche Modelle multikulturellen Zusammenlebens vorgestellt und Strategien
der Regulierung von ethnisch-kulturellen Konflikten behandelt.
Schließlich sollen der Wechsel von klassenorientierten zu ethnisch-kulturellen Konflik-
ten in westlichen und nicht-westlichen Gesellschaften diskutiert werden. Dieser Wechsel
soll einerseits in den Zusammenhang globaler Beobachtungsverhältnisse gestellt werden,
die Beleidigungsempfindungen fördern, und andererseits mit der Umstellung öffentlicher
Diskurse von der Erinnerung vergangener Triumphe auf die Erinnerung von Opfer und
Tätertraumata in Verbindung gebracht werden. Fraglich ist dabei insbesondere, ob diese
Umstellung eine Eigenart westlich-postmoderner Kulturen ist oder ob sie sich auch in glo-
baler Perspektive feststellen lässt.
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