Programmheft 2014 - page 194

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Geisteswissenschaftliches Kolleg
6. Körper, Neuronen, Medien.
Materielle Kultur und Performanz als Grundlagen von
religionsästhetischer Forschung
Leitung
PDDr. Anne Koch
Interfakultärer Studiengang Religionswissenschaft,
Universität München
Prof. Dr. Peter J. Bräunlein
Institut für Ethnologie, Universität Göttingen
Warum sind die tranceartigen Gebetsgottesdienste in Megachurches die am schnellsten
wachsende Form des Christentums? Weshalb setzen tausende Mittelschicht-Europäer
neuerdings ihren Körper in Bewegung und ‘pilgern’? Warum sind plötzlich alle um uns
herum so ‘achtsam’? Wie setzen Religionen Schmerz ein, und weshalb heilen manche Hei-
lungsgottesdienste? Mit welchen Methoden lassen sich der menschliche Körper, Musik
und Gerüche als relevante Medien in einem Ritual erheben und theoretisch fassen?
Mit der kulturwissenschaftlichen Wende in der Religionswissenschaft entsteht Ende der
1980er Jahre die Religionsästhetik. Diese neue Teildisziplin neben den älteren der Religi-
onsethnologie, -soziologie oder -psychologie widmet sich der sinnlichen Seite von Religi-
on. Dazu gehören der Körper, die Wahrnehmungssysteme, die Materialkultur sowie Sym-
bolsysteme und schließlich auch spezifische Ästhetiken des Kunstschönen von Heiligem
an einer Bergquelle, Geistern im Film und Jenseitigem in einer spiritistischen Seance.
Die Religionsästhetik ist somit an sich schon interdisziplinär angelegt, indem sie sich für
Embodiment-Theorien, Kognitionswissenschaft und Kunstgeschichte genauso interessiert
wie für Medien- und Bildwissenschaft, Ethnologie, Soziologie des Körpers und Medizin.
In der Kolleggruppe wird Religion über ihre materiale, mediale und sinnliche Seite er-
schlossen. Anhand von historischen Fallbeispielen aus der Forschung der Dozenten wer-
den Methoden und Grundbegriffe der Religionsästhetik erarbeitet. Die Beispiele stammen
u.a. aus Passionsritualen und Geisterfilmen aus Ostasien, aus alternativen Heilformen,
modernem globalem Yoga, Musealität. Je nach Interessen der Teilnehmer können kleine
Feldübungen und eigene Beispielanalysen auch in Anwendung der religionsästhetischen
Fragen auf Texte durchgeführt werden.
Die Kolleggruppe richtet sich insbesondere auch an Sozialwissenschaftler und Ethnologen.
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