Baro Vicenta Ra Gabbert: „Alles rund um Klima und Recht: Wir wollen theoretisches juristisches Wissen für Klimaengagement nutzbar machen“

Mit der „Climate Clinic“ verbindet ein Team um Stipendiatin Baro Vicenta Ra Gabbert die Themen Klima und Recht. Die 24-Jährige möchte damit einen Ort aufbauen, an dem Juristinnen und Juristen ihre Fähigkeiten für Klimagerechtigkeit einsetzen und ihr Wissen für die Zivilgesellschaft verständlich aufbereiten.

Baro Vicenta Ra Gabbert ist in Berlin aufgewachsen, ihr Abitur machte sie in Scharnebeck bei Lüneburg. Die 24-Jährige studiert Jura an der Bucerius Law School in Hamburg. 2020 hat sie die „Climate Clinic“ gegründet. Seit 2016 ist sie Stipendiatin der Studienstiftung des deutschen Volkes.

    Interview mit Baro Vicenta Ra Gabbert

    Frau Gabbert, Sie haben 2020 die „Climate Clinic“ gegründet, eine studentische Rechtsberatung. Was ist das Ziel Ihres Engagements?

    Wir möchten das juristische Wissensgefälle zwischen Entscheidungsträger:innen und der Zivilgesellschaft abbauen. In Fragen rund um Klima und Recht bereiten wir juristisches Wissen so auf, dass es auch für Personen zugänglich ist, die nicht Jura studiert haben. Wir helfen etwa Klimaaktivist:innen, wenn es darum geht, einen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zum Klimaschutzgesetz zu verstehen oder sie über die aktuellen Entwicklungen in der Klimaschutzgesetzgebung zu informieren. Damit möchten wir konstruktive Debatten auf Augenhöhe ermöglichen.

    Wie arbeiten Sie und wer wendet sich zum Beispiel an die „Climate Clinic“?

    Wir sind eine Gruppe aus etwa 50 Jurastudierenden und Promovierenden, die mit Professorinnen und Professoren sowie Anwältinnen und Anwälten zusammenarbeiten. Konkret sieht unsere Arbeit so aus: Wenn sich jemand bei uns meldet und um juristischen Rat bittet, dann erläutern wir zum Beispiel die rechtlichen Grundzüge eines Themas. Manchmal schließen sich auch längere Prozesse an, an deren Ende gemeinsame Veröffentlichungen in Medien, eine Teilnahme an einem Podium, ein Podcast oder Kurzgutachten stehen, mit denen die Ratsuchenden weiterarbeiten können. Wir beraten zum Beispiel eine Klimaaktivistin, die einen Info-Post zu den Implikationen der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Klimaschutzgesetz veröffentlichen möchte; eine Journalistin, die zu einer Recherche eine rechtliche Frage hat; einen Schüler, der einen Forderungskatalog aufsetzen möchte, mit dem er sich lokal an eine Landtagsabgeordnete wenden kann oder bieten Faktenchecks zu Social-Media-Inhalten an. Wir können als Studierende keine Fälle vor Gericht vertreten, zum Beispiel wenn Aktivist:innen aufgrund einer Demonstration rechtliche Probleme haben.

    Welche Bedeutung spielen die Studierenden der Rechtswissenschaften in der „Climate Clinic“?

    Ohne Studierende gäbe es keine „Climate Clinic“. Die gesamte Orga wird von Studierenden getragen. Und wenn man so will, besteht der Kern der „Climate Clinic“ aus unserem studentischen Rechercheteam, das Wissen zu klimarelevanten Fragestellungen aufbereitet. Studierende stehen dabei im Kontakt zu Expertinnen und Experten, die sie bei den Anfragen hinzuziehen können. So setzen sich die angehenden Juristinnen und Juristen bereits während ihres Studiums intensiv mit dem Thema Klima und Recht auseinander.

    „Wenn sich jemand bei uns meldet und um juristischen Rat bittet, dann erläutern wir zum Beispiel die rechtlichen Grundzüge eines Themas.“

    Worin besteht Ihre Motivation?

    Meine Familie mütterlicherseits kommt aus Ecuador, seit 2008 sind dort Rechte der Natur und das Recht auf eine intakte Umwelt verfassungsrechtlich verankert. Ein Fall dort hat mich besonders fasziniert: das indigene Dorf Sarayaku hat den Staat Ecuador erfolgreich verklagt, nachdem dieser das Gebiet Sarayakus an Ölinvestoren freigegeben hatte. Voller Motivation startete ich ins Jurastudium. Während meiner Studienzeit in Deutschland habe ich allerdings vergebens nach Möglichkeiten gesucht, mich mit der Schnittstelle zwischen Klima und Recht zu befassen. Deswegen haben wir mit der „Climate Clinic“ selbst einen Ort geschaffen, an dem junge Jurist:innen befähigt werden, ihr Wissen und ihre Fähigkeiten für Klimagerechtigkeit einzusetzen.

    Was war Ihre persönlich bislang prägendste Erfahrung im Projekt?

    Mit der im April 2021 veröffentlichten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Klimaschutzgesetz rückte die Schnittstelle Recht und Klima verstärkt in den Fokus der Aufmerksamkeit. Bis dahin wurde die rechtliche Perspektive entweder weitestgehend aus dem Diskurs in Deutschland ausgeklammert oder sogar als Hindernis in einem Prozess zum 1,5°C-Ziel begriffen. Das widerlegt die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts eindrucksvoll und zeigt: Dem Recht kommt beim Erreichen der Klimaziele eine ganz entscheidende Rolle zu. Dementsprechend hoch war auch die Zahl der Anfragen, die die „Climate Clinic“ mit Blick auf die Entscheidung erreichten. Das bestätigt mich in unserer Arbeit sehr und treibt unser Team an, um die Strukturen der „Climate Clinic“ und das bisher erarbeitete Wissen weiterhin zur Mitgestaltung des öffentlichen Diskurses einzusetzen.

    Wie können interessierte Personen Ihr Projekt unterstützen?

    Jurastudierende können zum Beispiel in der Recherche mitwirken. Rechtspraktiker:innen und Promovierende können uns mit ihrer Expertise beraten oder Fortbildungen für das studentische Rechercheteam im Bereich Klimaschutz und Recht durchführen. Expert:innen für Kommunikationsdesign können mithelfen in der didaktischen Konzeption des Infomaterials und der Videoproduktion. Auch Nichtjurist:innen sind herzlich eingeladen, sich zu beteiligen.  

    Wie sind Sie zur Studienstiftung gekommen?

    Während meiner Schulzeit habe ich nie davon gehört, dass Schüler:innen Stipendien erhalten können. Um mein Jurastudium aufnehmen zu können, habe ich kurz vor meinem Abitur nach Finanzierungsmöglichkeiten gesucht. Dabei bin ich auf die Studienstiftung aufmerksam geworden. Mein Schulleiter und meine Vertrauenslehrerin haben sich auf Nachfrage sofort bereiterklärt, mich für ein Stipendium vorzuschlagen und im Bewerbungsprozess zu begleiten. Daher mein Tipp an alle Schüler:innen: Fragt bei Interesse an einem Stipendium einfach in eurer Schule nach. Vielleicht ist ein Schulvorschlag auch bei euch möglich. Ansonsten besteht die Möglichkeit zur Selbstbewerbung bei Studienbeginn.

    Weitere Informationen        

    • Kontakt: Baro Vicenta Ra Gabbert, baro[at]climateclinic.de, Instagram: @baro.vicenta.ra
    • Mitmachen: humans[at]climateclinic.de für interessierte Studierende, advisors[at]climateclinic.de für interessierte Expert:innen  
    • Website www.climateclinic.de (abrufbar ab 2022)
    • Spendenkonto: Kontoinhaber: Climate Clinic e. V,. IBAN: DE40 4306 0967 1262 2675 00, BIC: GENODEM1GLS, GLS Gemeinschaftsbank eG, Verwendungszweck: Spende (Falls Sie eine Spendenbescheinigung brauchen, schicken Sie bitte ein E-Mail mit Name, Anschrift und Betrag an: info[at]climateclinic.de)

    Stand: Dezember 2021

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