Antonia Otte: „Wir erhöhen die Artenvielfalt auf unserem Campusgelände“

Der Verlust von Habitaten gilt als einer der wichtigen Gründe für das Artensterben. Antonia Otte entwickelt Ideen für ein alternatives Grünflächenmanagement auf dem Campus ihrer Universität.

Antonia Otte ist im nordrhein-westfälischen Senden aufgewachsen. 2021 hat sie ihr Masterstudium in Biochemie und Molekulare Biowissenschaften an der Universität Bremen abgeschlossen. Im Rahmen ihrer Abschlussarbeit am Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven untersuchte die 23-Jährige Sequenzdaten aus norwegischen Wasserproben und darin enthaltene giftige Algen. Während ihres Studiums gründete sie mit weiteren Bremer Studierenden sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern die Initiative „Campus Goes Biodiverse“ zur Förderung der Artenvielfalt auf dem Universitätscampus. Seit 2020 wird sie von der Studienstiftung gefördert.

    Interview mit der Biologin Antonia Otte

    Frau Otte, Sie wollen die Artenvielfalt im städtischen Raum fördern. Wie gehen Sie in Bremen vor?

    Wir haben ein alternatives Grünflächenmanagement auf dem Campus der Universität Bremen angestoßen. Kurz gemähte Wiesen bieten kaum Lebensraum für viele Insekten und Pflanzen. Durch selteneres und gezieltes Mähen erhöhen wir die Biodiversität, also Artenvielfalt. Um dies zu erreichen, arbeiten wir mit dem Baudezernat der Uni zusammen. Wir haben einen Plan entwickelt, wann welche Bereiche gemäht werden und stimmen dies mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ab. Auf zehn Flächen, die wir seit 2019 für das Projekt nutzen dürfen, hat sich bereits jetzt die Artenvielfalt leicht erhöht. Ein Beispiel: Die Wespenspinne, die sich nur etablieren kann, wenn eine frühe Mahd unterbleibt, und die Gemeine Küchenschelle haben bei uns wieder einen Lebensraum gefunden.

    Am Campus stehen Schilder: „Wilde Wiesen – hier wächst Artenvielfalt“

    Einige Grünflächen werden also weniger gemäht. Sie binden darüber hinaus Uni-Mitglieder und Anwohner in das Projekt ein: Wie genau machen Sie das und wie sind die Reaktionen auf Ihr Projekt?

    Wir laden Bürgerinnen und Bürger ein, Biodiversität auf unserem Campus zu entdecken und kommunizieren aktiv; wir haben zum Beispiel Schilder aufgestellt: „Wilde Wiesen – hier wächst Artenvielfalt!“. Wir erhalten viele positive Rückmeldungen. Unser Citizen Science-Projekt, bei dem jeder Insekten und Pflanzen bestimmen und in einer App hochladen kann, hat starken Zulauf. In über 1.000 Beobachtungen von Bürgerinnen und Bürgern konnten 538 Arten auf dem Campus der Uni Bremen durch die Bevölkerung zusammengetragen werden. Ob und wie diese Informationen tatsächlich zutreffen, ist Aufgabe der Masterarbeiten, in denen fundiert analysiert wird, wie es um die Artenvielfalt bestellt ist. Unsere Initiative wirkt so an der Schnittstelle zwischen Forschung, Lehre und Öffentlichkeit.

    „Auf den zehn Flächen, die wir seit 2019 auf unserem Universitätscampus pflegen, hat sich bereits jetzt die Artenvielfalt leicht erhöht. In unserem Citizen Science-Projekt kann jeder Insekten und Pflanzen bestimmen und die Daten in einer App hochladen.“

    Wie sind die Maßnahmen zum alternativen Grünflächenmanagement mit der Lehre und Forschung verbunden?

    Unser Team von „Campus Goes Biodiverse“ besteht aus etwa 15 Studierenden und sehr engagierten Professorinnen und Professoren, auch die Umweltbeauftragte der Uni ist dabei. Lehrveranstaltungen und Abschlussarbeiten begleiten unser Projekt, um zum Beispiel die Bodenbeschaffenheit und Artenvielfalt zu bestimmen. Bereits im dritten Jahr werden studentische Masterarbeiten durchgeführt.

    Was ist Ihre Motivation?

    Jeden Tag sterben schätzungsweise mehr als 100 Tier- und Pflanzenarten aus. Diese Arten sind nicht nur als einzelne ein Verlust, sondern haben wichtige Funktionen in den Ökosystemen. Der Verlust von Habitaten gilt als einer der wichtigsten Gründe für das Artensterben, und diese Habitate versuchen wir mit „Campus Goes Biodiverse“ auf dem Universitätscampus wiederherzustellen. Damit zeigen wir auch: Jeder kann im lokalen Raum mit Veränderung beginnen.

    Wie sind Sie zur Studienstiftung gekommen?

    Ich bin recht spät – im Masterstudium – in die Förderung der Studienstiftung aufgenommen worden und sehr froh, dass dies im Studienverlauf noch möglich war. Ich wurde von meinem Professor, der meine Bachelorarbeit betreut hat, vorgeschlagen. Mir bedeutet das Stipendium viel mehr als die finanzielle Unterstützung. Der interdisziplinäre Austausch ist spannend – etwa während der Sommerakademien.

    Weitere Informationen

    Stand: Dezember 2021

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