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Porträts

Lena Gronbach

Promotion zum Thema: Sozialhilfeleistungen und digitale Zahlungssysteme vor, während und nach der Coronapandemie.

University of Cape Town

Lena Gronbach erhält den Engagementpreis 2021. Die 31-Jährige hat die Stipendienplattform Africademics 2019 ins Leben gerufen und unterstützt damit Studierende in und aus Afrika bei der Suche nach Finanzierungsmöglichkeiten.

Die Stipendienlotsin

Es hätte auch Südamerika werden können: Als 16-jährige Schülerin findet Lena Gronbach, dass es an der Zeit sei, die Welt zu entdecken. Sie überzeugt ihre Eltern davon, dass sie über die Schüler:innenaustauschorganisation Youth For Understanding (YFU) ein Jahr in Patagonien in Chile verbringen darf. „Es war eine großartige Zeit“, resümiert die 31-Jährige, die sich bis heute ehrenamtlich für YFU engagiert. Damals sei ihre Reiselust entfacht worden – vor allem für den südamerikanischen Kontinent.

„Afrika hat mich zu jener Zeit eher wenig interessiert“, erinnert sich Lena Gronbach, die im schwäbischen Nürtingen aufgewachsen ist und heute Kapstadt längst als Heimat empfindet.  Seit sechs Jahren lebt die Baden-Württembergerin in Südafrika, sie promoviert seit 2019 als Stipendiatin der Studienstiftung an der University of Cape Town in Kapstadt.

Klassenprimus und Klassenclown

Doch zunächst zurück nach Nürtingen: „Ich hatte eine sehr glückliche Kindheit. Die Schule hat mir rückblickend eigentlich immer viel Spaß gemacht, das Lernen fiel mir leicht – ich war so eine Art Mischung aus Klassenprimus und Klassenclown“, erzählt sie. Dieser Mix aus Leidenschaft und Vernunft begleitet Lena Gronbach bis heute. Und so entscheidet sie sich nach einem glatten Einser-Abitur 2009 für den Studiengang International Business an der ESB Business School der Hochschule Reutlingen.

„Das war zumindest teilweise eine Vernunftentscheidung. Wäre ich nur nach meinen Interessen und meiner Leidenschaft gegangen, hätte ich mich vermutlich für Kultur- oder Sprachwissenschaften entschieden“, so die 31-jährige. Aber genau diese Vernunftentscheidung führt sie am Ende nach Südafrika.

Liebe auf den ersten Blick

Ihre erste Begegnung mit der Regenbogennation war zugleich Liebe auf den ersten Blick: Die Studentin sucht für die Semesterferien ein Marketing-Praktikum, idealerweise mit „ihrer“ Schüler:innenaustauschorganisation YFU. In Südamerika findet sie nichts Passendes und landet schließlich am südlichsten Zipfel des afrikanischen Kontinents: „Diese Herzlichkeit der Menschen und ihre Offenheit hat mich auf Anhieb mitgerissen. Südafrika mit seinen vielfältigen Kulturen und Sprachen  hat mich einfach nicht mehr losgelassen.“

Das war im Jahr 2011. Damals nimmt die Studienstiftung die weltoffene Studentin in ihr Förderprogramm auf. Zu diesem Zeitpunkt weiß die junge Frau lediglich, dass sie eines Tages nach Südafrika zurückkehren will. Und so folgt ein Auslandssemester in Port Elizabeth, ein weiteres Praktikum bei YFU Südafrika nach Abschluss ihres Bachelorstudiums und 2018 der Master in Development Studies an der University of Pretoria: „Es war ein schleichender Prozess. Ich habe meinen Aufenthalt immer wieder verlängert – und nun lebe ich seit sechs Jahren hier.“

Promotion in Südafrika

Mit dem Master in der Tasche, will Lena Gronbach die akademische Karriereleiter ein Stück weiter nach oben klettern und promovieren – und zwar in Südafrika. Sie macht sich auf die Suche nach potenziellen Förderern und recherchiert quer durch die Weiten des Internets. Ihr Ergebnis ist ernüchternd: Für Auslandsstudierende in Südafrika gibt es kaum finanzielle Unterstützung.

So schnell gibt sich die Schwäbin aber nicht geschlagen und recherchiert weiter – in anderen afrikanischen Ländern. Die Suche fällt ähnlich entmutigend aus. Und auch aus Deutschland gibt es kaum Unterstützung: „Die Studienstiftung ist eine der wenigen Organisationen, die vollständige Studiengänge im Ausland finanziert“, sagt Lena Gronbach.

Umso erstaunter stellt sie bei ihrer Suche fest, dass Stipendienprogramme und Förderangebote für Studierende aus afrikanischen Ländern nahezu unüberschaubar vielfältig sind: „Schnell war mir aber auch klar, dass man unglaublich viel Zeit aufwenden und ein gewisses Know-how mitbringen muss, um sich in diesem Stipendiendschungel zurechtzufinden und sich erfolgreich zu bewerben. Und vor allem braucht man einen dauerhaften Zugang zum Internet –  genau das fehlt einem Großteil der Menschen hier. Die eigentliche Zielgruppe hat also kaum Zugang zu den Angeboten. Das hat mich einfach nicht mehr losgelassen und ich wusste, da muss ich etwas tun.“

Zunächst aber erfüllt ihr die Studienstiftung 2019 den südafrikanischen Promotionstraum. Auf dem Weg zum Bewerbungsgespräch in Deutschland rücken in Lena Gronbachs Kopf die vielen Puzzleteilchen ihrer Afrika-Stipendien-Recherchen und Erkenntnisse an den richtigen Platz: „Ich saß im Zug zum Stipendien-Bewerbungsgespräch in Passau und mir kam die Idee einer Stipendienplattform“, erzählt sie. Sogar der Name „Africademics“ fiel ihr auf jener Fahrt ein. Ihre Leidenschaft war sofort entfacht, ihre Ratio erledigte den Rest: „Zwei Tage später hatte ich die Website-Domain registrieren lassen und den Namen Africademics auf allen gängigen Social-Media-Plattformen reserviert“, so Lena Gronbach.

Alle Stipendien auf einen Klick

Und dann bringt sie den Stein langsam ins Rollen: „Am Anfang habe ich über Facebook lediglich ein Stipendium am Tag gepostet. Irgendwann habe ich eine Excel-Tabelle für die Stipendien angelegt, erste Rückmeldungen kamen, das Projekt nahm an Fahrt auf“, erinnert sich Gronbach an die Anfänge. Inzwischen hat sie in Eigenarbeit eine Website entwickelt und hat über 12.00 Stipendien und Finanzierungsmöglichkeiten für afrikanische Studierende gesammelt.

„Ich bin natürlich keine Webdesignerin und da ist noch vieles auf der Website, was ich gern anders machen würde.“ Aber ihr Angebot kommt gut an – vor allem, weil es ohne Werbung alle wichtigen Informationen auf einen Klick anbietet: schnell, übersichtlich und kostenlos. Inzwischen veröffentlicht sie mindestens zwei Stipendien pro Tag auf der Facebook-Seite von Africademics, sowie in mehreren WhatsApp-Gruppen und in einem wöchentlichen Stipendien-Newsletter. Insgesamt erreicht sie so über 20.000 junge Menschen in ganz Afrika und täglich kommen neue Abonnent:innen hinzu.

Unzählige Stunden investiert Lena Gronbach Woche für Woche in die Plattform Africademics – alles ehrenamtlich. Und sie hat noch viel vor: Die Stipendiendatenbank und das Botschafter:innenprogramm sollen weiter ausgebaut werden, um möglichst vielen jungen Menschen den Zugang zu erleichtern. „Und ich möchte durch das Botschafter:innenprogramm einen kostenlosen Beratungsservice für Stipendienbewerber:innen aufbauen, damit es mit der Bewerbung am Ende auch klappt.“ Zusätzlich will sie Online-Angebote, wie z.B. Webinare zu den Themen Stipendiensuche und -bewerbung, künftig verstärkt anbieten.

Kontakt zu Deutschland ausbauen

Langfristig würde die Engagementpreisträgerin gern über Africademics auch eine intensivere Verbindung zu Deutschland herstellen: „Dort leben viele Geflüchtete und Einwanderer aus afrikanischen Ländern, die ebenfalls ein Studium anstreben. Es gibt zwar schon Initiativen in diesem Bereich, aber wir würden uns mit Africademics hier gern einklinken.“

Dass sie den Engagementpreis der Studienstiftung  erhalten hat, erfüllt die Stipendiatin mit Stolz: „Es ist ein Zeichen der Anerkennung!“ Und das Preisgeld trage dazu bei, die erwähnten Projekte schneller voranzutreiben. Sehr hilfreich sei zudem der Spendenaufruf der Studienstiftung gewesen: „Ich hätte nie mit einer solchen Spendenbereitschaft gerechnet und bedanke mich ganz herzlich bei den vielen Alumni, die uns unterstützt haben.“

Und dann ist da noch die Promotion, in der sich die Studienstiftlerin thematisch mit Sozialhilfeleistungen vor, während und nach der Coronapandemie auseinandersetzt. „Das hat zwar nicht direkt etwas mit Africademics zu tun, aber es passt schon alles wunderbar zusammen, denn am Ende geht es immer um Forschung, Bildung und Chancengleichheit“, resümiert die engagierte Frau.

Für sie fühle sich diese zeitintensive Mehrgleisigkeit aus Ehrenamt und Forschung nicht nach Arbeit an. „Das ist vielleicht das Geheimnis: Man muss etwas finden, das einen mit Freude erfüllt.“ Wie es nach der Promotion weitergeht, weiß die Wahl-Südafrikanerin noch nicht konkret. Fest steht aber, dass sie weiterhin parallel mehrere Projekte vorantreiben will: „Sonst fehlt mir die innere Balance!“

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Stand: 11. Juni 2021