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Jan Rüschkamp: „China definiert Begriffe wie Demokratie und Menschenrechte um“

Jan Rüschkamp, 22, beschäftigt sich im Rahmen des China-Kollegs mit den neuesten politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen in der Volksrepublik – zum Beispiel in der Medienlandschaft, im Wissenschaftssystem oder der Außenpolitik. Welcher Wandel hat stattgefunden und welche Dynamiken bringen diese Veränderungen sowohl in China als auch in Chinas internationalen Beziehungen mit sich?

Herr Rüschkamp, warum haben Sie sich für das China-Kolleg beworben?

Beworben habe ich mich, weil ich feststellte, dass ich sehr viel „oberflächliches“ Wissen über die Volksrepublik hatte. Dieses hatte ihren Ursprung hauptsächlichen in deutschen Zeitungen und Nachrichten. Dementsprechend wusste ich, dass die China ein extrem wichtiges Thema ist und hatte großes Interesse daran, mehr und fundierte Informationen zu sammeln, um mir eine eigene Meinung bilden zu können.

Mit welchem Thema haben Sie sich in Ihrer AG beschäftigt?

Ich habe an der AG „Herausforderungen in China - Herausforderungen mit China. China und die Welt in Zeiten des Wandels“teilgenommen. Dort bekamen wir als Teilnehmer:innen zuerst einmal einen Crash-Kurs chinesischer Geschichte. Anschließend fokussierten wir uns auf die neusten politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen in der Volksrepublik: Welche Fragen brauchen dringende Lösungen und wie geht die Regierung mit diesen Fragen um? Wie gehen wir mit dem Spannungsfeld einer heranwachsenden wissenschaftlichen Supermacht und einer technologisch führenden Überwachungsdiktatur um? Welche Narrative sollen aus chinesischer Sicht transportiert werden und wie werden Medien dabei im Inland und im Ausland gesteuert? Was sind die neuesten Tendenzen in den China-EU und China-USA Beziehungen?  

Zu welchen Erkenntnissen sind Sie bislang gelangt?

Eine sehr schwierige Frage wie ich finde. Generell habe ich mein Wissen erweitert und konnte auch viel darüber lernen, Nachrichten aus China in den richtigen Kontext zu setzen. Des Weiteren habe ich viel über Wissenschaftskooperationen erfahren und den chinesischen Standpunkt zu diesem Thema kennengelernt. Als Physik-Student interessiere ich mich in diesem Zusammenhang besonders für die Herausforderungen, die sich bei Gütern mit doppeltem Verwendungszweck, sogenannten Dual-Use-Gütern, ergeben. Also Güter, die aufgrund ihrer technischen Spezifikationen sowohl zivil als auch militärisch verwendet werden können, und deshalb kritisch betrachtet werden.

Was war Ihr persönliches Highlight in der AG?

Wenn ich mich auf einen Punkt festlegen müsste, wäre das die Diskussion darüber, dass China Begriffe wie Demokratie und Menschenrechte redefiniert, d.h. nach den eigenen Vorstellungen um- oder neu definiert. Das führte in der AG zu einer spannenden Aufarbeitung von Begriffen. Dies ließ einen interessanten Einblick in die Art und Weise zu, wie sich die Volksrepublik selbst versteht.

Welcher Programmbestandteil des Kollegs hat Ihnen sonst noch besonders gut gefallen?

Das waren einige. Zum Beispiel die Exkursion zum Bundesverband der Deutschen Industrie, der Besuch des Konfuzius-Instituts oder das gemeinsame Schauen des Films „Weiyena – Ein Heimatfilm“ und das anschließende Gespräch mit der Regisseurin Weina Zhao.

Wie würden Sie die allgemeine Atmosphäre des Kollegs beschreiben?

Die allgemeine Atmosphäre war sehr angenehm. Ich habe mich sehr wohl gefühlt und hatte das Gefühl, mit allen Teilnehmer:innen gut sprechen zu können. Verglichen mit einer Akademie war die Grundstimmung aber auf jeden Fall sachlicher, was sicherlich an dem hohen Pensum an Terminen lag.

Was war Ihr persönliches Highlight des Kollegs?

Der Filmabend mit Regiegespräch zu „Weiyena – Ein Heimatfilm“. Der Film hat mich sehr berührt und es geschafft, die gelernten, häufig sehr abstrakten und theoretischen Dinge mit Emotionen zu verknüpfen.

Was nehmen Sie bislang aus dem Kolleg mit?

Ein neues, fundierteres Bild der Volksrepublik und das Wissen, dass es noch so Vieles gibt, was ich noch nicht weiß.

Mit welchen Zielen aber auch Fragen gehen Sie in die zweite Arbeitsphase des Kollegs?

Meine Ziele sind weiterhin sehr ähnlich zu den Gründen, aus denen ich mich für das Kolleg beworben hatte. Um eine konkrete Frage zu nennen, die ich aktuell habe: Inwiefern hat sich der Standpunkt Chinas bezüglich des russischen Angriffskriegs in der Ukraine seit der ersten Arbeitsphase verändert? Hat er sich überhaupt verändert?

Jan Rüschkamp, 22, studiert Physik an der Universität Heidelberg und ist seit 2021 Stipendiat der Studienstiftung. Er gehört zum zweiten Jahrgang des 2021 neu gestarteten China-Kollegs der Studienstiftung. Mit diesem möchte die Studienstiftung die Beschäftigung mit dem Land in ihrem Bildungsprogramm verankern, ihre Geförderten zu einer intensiven Auseinandersetzung mit der Volksrepublik anregen und damit zur Herausbildung eines differenzierten und modernen Chinabildes in Deutschland beitragen. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung finanziert das China-Kolleg von 2021 bis 2024.

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Stand: April 2023