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Berichte

Philipp Karschnia: „Ich habe eine Begeisterung für die Wissenschaft erlebt wie noch nie“

Stipendiat Philipp Karschnia berichtet von der Lindauer Nobelpreisträgertagung 2018.

Herr Karschnia, warum haben Sie sich für die Nobelpreisträgertagung beworben?

Besonders gereizt hat mich, dass so viele junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus allen Feldern der Lebenswissenschaften vertreten sind –  für die Teilnahme muss man ja unter 35 Jahre alt sein. Ich wollte mehr über Forschungsgebiete, in die ich sonst wenige Einblicke habe, erfahren und mich darüber mit Menschen austauschen, die genauso viel Spaß an der Wissenschaft haben wie ich.Die Möglichkeit, meine Ideen gleichzeitig mit einigen der eindrucksvollsten Personen der Naturwissenschaften – den Nobelpreisträgerinnen und -trägern – zu diskutieren, ist natürlich auch einmalig.           

Welcher Programmpunkt hat Ihnen besonders gut gefallen?            

An zwei Abenden wurden Abendessen veranstaltet, bei denen vorab nur die Plätze der Nobelpreisträgerinnen und -trägern festgelegt waren. Auf diese Weise konnte man sich einen Platz am Tisch „seines“ Nobelpreisträgers sichern. In der gelösten abendlichen Atmosphäre war es leicht, ins Gespräch zu kommen, auch mit den anderen young scientists. Dabei haben wir ganz entspannt diskutiert, eigentlich über alles, sei es Wissenschaft, Kultur, Politik oder das Leben ganz allgemein. Und nebenbei aus erster Hand erzählt zu bekommen, wie es sich anfühlt, den Anruf zu bekommen, man habe den Nobelpreis gewonnen, kann auch sehr unterhaltsam sein.

Mit wem sind Sie dabei ins Gespräch gekommen?   

Ich hatte das Glück, bei einem der beiden Dinner neben Tim Hunt zu sitzen, der 2001 den Nobelpreis für seine Arbeit zum Zellzyklus erhalten hat. Damit hat er ein komplett neues Kapitel in der Krebsforschung aufgeschlagen. Für mich als Mediziner war es deshalb besonders spannend, mich mit ihm zu unterhalten. Tim Hunt spricht so enthusiastisch über seine Forschung, dass man als junger Wissenschaftler einfach nur begeistert sein kann.     

Inwiefern hat Ihnen die Tagung Impulse gegeben?

Ich habe viele junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowohl aus meinem Gebiet als auch außerhalb davon kennengelernt und, wer weiß, vielleicht ergibt sich in Zukunft ja mal die Möglichkeit, zusammenzuarbeiten. Auf jeden Fall werde ich mit vielen sicherlich langfristig in Kontakt bleiben. Was Impulse betrifft, so hat sich der Chemie-Nobelpreisträger Joachim Frank lange mit mir über meine nächsten Karriereschritte unterhalten und auch einige Kontakte für meine kommende Zeit in den USA vermittelt. Die Inspiration der Tagung geht aber weit über die nächsten Jahre hinaus: so viele Menschen, die große Freude haben an dem, was sie tun, und die viel besagte Forschungsgemeinschaft zu erleben, ist ein großer Motivationsschub für mich!      

Welche Nobelpreisträgerin oder welcher Nobelpreisträger hat Sie am meisten beeindruckt?

Ich fand es beeindruckend, wie nahbar und menschlich sich die meisten Nobelpreisträger gegeben und den Austausch mit uns young scientists gesucht haben, um ihre Erfahrungen mit uns zu teilen . Besonders in Erinnerung geblieben sind mir zum Beispiel Martin Chalfie, Joachim Frank und Stefan Hell. Auch Nobelpreisträger sind normale Menschen, die im richtigen Moment sehr schlau mit ihren Fähigkeiten umgegangen sind – so lässt sich die Essenz der verschiedenen Diskussionen zusammenfassen.          

Wie würden Sie die Atmosphäre auf der Nobelpreisträgertagung beschreiben?

Jeder Vortrag und jede Diskussionsrunde erschafft einen kleinen Mikrokosmos, in den für kurze Zeit alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer gemeinsam eintauchen. Dabei ist die Atmosphäre sehr kreativ, ungezwungen, und tatsächlich häufig auch sehr lustig. Ich hatte den Eindruck, dass die Stimmung vergleichbar ist mit der, wie ich sie bei Sommerakademien der Studienstiftung in den letzten Jahren immer wieder erlebt habe.  

Was war ihr persönliches Highlight auf der Nobelpreisträgertagung?          

Joachim Frank, selbst Alumnus der Studienstiftung, und seine Frau haben sich beim Abendessen direkt neben mich gesetzt. So konnte ich mich den ganzen Abend mit den beiden unterhalten. Er hat dabei berichtet, wo für ihn die Unterschiede in der Forschungslandschaft zwischen Deutschland und den USA liegen. Das war sehr interessant, da ich in den vergangenen Jahren immer wieder Forschungs- und Klinikaufenthalte in den USA absolviert habe. Die Frage nach dem Stellenwert der Forschung in den Vereinigten Staaten wurde im Laufe der Veranstaltung übrigens öfter angeschnitten. So war auch das Thema der spannenden, abschließenden Podiumsdiskussion „Science in a Post-Factual World“.             

Welcher Gegenstand oder welches Hilfsmittel durfte auf der Tagung nicht fehlen?

Die Tagungs-App auf dem Smartphone war wirklich hilfreich. Zum einen, um sich im Dschungel des dichten Programms zu orientieren und auf keinen Fall etwas Interessantes zu verpassen. Zum anderen, um schnell die 39 Preisträgerinnen und -preisträger und ihr jeweiliges Gebiet nachzuschlagen. Nicht selten findet man sich in einem Gespräch mit einer Person mit einem türkisfarbenen Namensschild –welches nur die Nobelpreisträger tragen – wieder. Und in der ganzen Aufregung vergisst man rasch, wofür der Gegenüber nochmal seinen Preis bekommen hat. In diesen Moment war ich sehr dankbar, kurz auf die Tagungs-App spicken zu können.

Wie hat Ihnen die Nobelpreisträgertagung insgesamt gefallen?     

Ich habe die Woche in Lindau wirklich genossen. Ich habe eine Begeisterung für die Wissenschaft erlebt wie noch nie, andere enthusiastische junge Forscherinnen und Forscher getroffen, und sicher Impulse für die nächsten Jahre gewonnen. Man fühlt sich für eine Woche ganz nah an der Spitze der Wissenschaft und hat den Eindruck, die Zukunft mitzugestalten.            

Was nehmen Sie mit von der Nobelpreisträgertagung?        

Ich nehme vor allem das Gefühl mit, Teil einer großen Gemeinschaft von Menschen zu sein, die durch ihre Forschung die Welt ein wenig verändern wollen. Die Tagung war deshalb vor allem ein großer Motivationsschub. Natürlich hoffe ich auch von den vielen neuen Bekanntschaften zu profitieren. Ich möchte in der Forschung bleiben, gleichzeitig aber auch klinisch tätig sein. Viele Beispiele in Lindau haben mir gezeigt, dass sich praktische Medizin und Forschung nicht ausschließen, sondern sogar ergänzen. Das war ebenfalls sehr motivierend für mich.