Finalist 2024: Dr. Steffen Witte, Sporthilfe Tansania e. V.

Chancengerechtigkeit und Selbstverwirklichung durch Sport: „Gemeinsam möchten wir die soziale Kraft des Sportes nutzen, um bessere Lebensbedingungen für tansanische Kinder aus prekären Verhältnissen zu schaffen.“

Sport in einem Verein oder einer anderen Gemeinschaft dient nicht nur der eigenen Gesundheit oder dem alltäglichen Ausgleich, sondern erfüllt auch eine soziale Funktion. Welche Bedeutung der Sport vor allem für Kinder aus ökonomisch prekären Verhältnissen haben kann, erlebte Steffen Witte während eines Auslandsaufenthaltes in Tansania. Auch ohne entsprechende Ausrüstung und Infrastruktur war das Fußballtraining für die Kinder in Arusha – einer rasch wachsenden Stadt im Norden Tansanias – ein Höhepunkt des Tages. Ausgehend von dieser Erfahrung gründete er 2021 gemeinsam mit lokalen Partnern den Verein Arusha 05 FC und zur nachhaltigen Unterstützung des Vereins außerdem die Sporthilfe Tansania e. V., welche gemeinsam mit deutschen Partnern über 140 Kindern die Teilnahme an regelmäßigen Trainings und Wettkämpfen ermöglicht. Die Unterstützung beinhaltet auch die Verpflegung der Kinder und kostenlosen Englischunterricht an Spieltagen sowie ein neu errichtetes Vereinsheim mit einem sicheren Schlafplatz für die Kinder und Trinkwasser sowie sanitären Anlagen für alle Bewohner:innen im Viertel.

Steffen Witte hat für Hannover 96 und den VfL Wolfsburg in der Junioren-Bundesliga gespielt und begann nach einer Verletzung sein Medizinstudium an der Universität Göttingen, das er 2023 abschloss. Neben dem Studium war er als Fußballtrainer bei Göttingen 05 und Hannover 96 tätig und promovierte am Zentrum für Zellbiochemie der Universitätsmedizin Göttingen. Er wurde von 2018 bis 2023 – unter anderem mit einem Engagementstipendium – von der Studienstiftung gefördert und 2023 mit einem Starterpreis ausgezeichnet. Derzeit ist der 26-Jährige Assistenzarzt in der Neurologie der Universitätsmedizin Göttingen.

2021 gründete Steffen Witte gemeinsam mit lokalen Partnern den Verein Arusha 05 FC und zur Unterstützung des Vereins außerdem die Sporthilfe Tansania e. V.

Interview mit Dr. Steffen Witte

„Aus den mir gegebenen Möglichkeiten erwächst für mich ein Verantwortungsgefühl, auch für andere Chancen zu eröffnen und Räume für Selbstverwirklichung zu gestalten.“

Lieber Herr Witte, warum haben Sie die Sporthilfe Tansania gegründet, was ist das Ziel des Vereins?

Nach Eindrücken einer Tansaniareise im Herbst 2021 gründete ich gemeinsam mit Bewohner:innen eines Armenviertels in Arusha, einer Großstadt im Norden Tansanias, den Sportverein Arusha 05 FC. Zur Unterstützung des Projekts in Deutschand erfolgte ein Jahr später die Gründung der Sporthilfe Tansania e. V. in Deutschland. Gemeinsam möchten wir die soziale Kraft des Sportes nutzen, um langfristig bessere Perspektiven für Kinder aus prekären Lebensverhältnissen zu schaffen. Unser Motto lautet „Sport ist mehr als nur ein Spiel“, denn Sport vermittelt soziale Werte, ermöglicht Selbstwirksamkeitserfahrungen und trägt so zur Kriminalitätsprävention, zu Bildung und Gesundheit bei. Mittlerweile nehmen über 140 Kinder kostenlos an regelmäßigen Trainings und Wettkämpfen teil und werden hierfür mit allen notwendigen Materialien ausgestattet. An Trainingstagen erhalten die Kinder zusätzlich kostenlosen Englischunterricht. Ein neu errichtetes Vereinsheim bietet ihnen einen sicheren Schlafplatz und stellt zudem allen Bewohner:innen im Viertel Trinkwasser und sanitäre Anlagen zur Verfügung.

Warum engagieren Sie sich persönlich für Chancengerechtigkeit in Tansania?

Ich komme aus einem gutsituierten Elternhaus, hatte beste Bedingungen für die Entfaltung meiner Talente und bin damit privilegiert. Ich finde es unfair, dass der Geburtsort über das Schicksal eines Menschen entscheidet, und möchte diese strukturelle Chancengerechtigkeit angehen. Aus den mir gegebenen Möglichkeiten erwächst für mich ein Verantwortungsgefühl, meine Ausgangslage zu nutzen, um anderen, die diese Möglichkeiten nicht hatten, Chancen zu eröffnen und Räume für Selbstverwirklichung zu gestalten. Besonders viel Freude bereitet es mir, einen solchen Beitrag zu mehr Chancengerechtigkeit im Bereich des Sports zu leisten, der meine große Leidenschaft ist.

Was war Ihre bislang prägendste Erfahrung?

Die Freundschaft mit Charles Monyo, mit dem ich den Verein gemeinsam leite, und unsere Arbeit vor Ort ermöglichen mir intensive Einblicke in das Leben und die Herausforderungen vor Ort, etwa durch das Wohnen bei ihm im Viertel und die Alltagsbegegnungen mit den Bewohner:innen. Für diese Erfahrungen fern der Touristenpfade und die große Akzeptanz unseres Engagements bin ich sehr dankbar. Eines der prägendsten Erlebnisse war sicherlich das erste Fußballturnier, das die Kinder jemals spielten. Zu sehen, wie stolz sie waren, hat mich sehr berührt. Zudem ist das gemeinsame Kochen und Essen von Ugali Matembere, einer tansanischen Speise aus Maismehl, Wasser und etwas spinatartigem Gemüse vor den Fußballspielen immer etwas Besonderes für mich.

Welche Rolle haben Sie in dem Projekt, was sind Ihre Aufgaben?

2021 lernte ich Charles Monyo auf dem Kilimanjaro kennen. Von ihm stammt die Idee für das Projekt: Er gründete eine Fußballmannschaft für Kinder, ohne irgendwelche Mittel dafür zu haben. Ich selbst habe Expertise in der Organisation und im Aufbau einer Akademie. Wir sind enge Freunde geworden und leiten das Projekt gemeinsam – er übernimmt die Organisation vor Ort, ich organisiere unser Team in Deutschland, um das Projekt bestmöglich zu bewerben und die Grundlage unserer Arbeit in Arusha zu legen. Wir akquirieren Sponsoren (Unternehmen, Einzelhändler:innen in Göttingen) sowie Partnervereine, werben an der Universität oder bei Sportveranstaltungen wie Radrennen etc. um Unterstützung, schreiben öffentliche Anträge, halten Vorträge, richten Sportevents (etwa die Kilimanjaro Challenge) aus und berichten auf unserem Instagram-Kanal über die Geschehnisse in Arusha. Täglich haben wir im Team Kontakt und diskutieren weitere Ideen oder den Umgang mit Herausforderungen. Entscheidungen treffen Charles und ich immer gemeinsam. Vor Ort herrscht extrem viel Korruption. Es ist daher durchaus etwas Besonderes und sehr Kostbares, dass wir diesen engen Austausch und dieses tiefe Vertrauen haben.

Was sind die nächsten Projektziele in Tansania?

Unser zentrales Ziel ist es, den Vereinsbetrieb nachhaltig zu sichern. Inhaltlich liegt unser Fokus derzeit auf der Stärkung des Mädchensports sowie dem Ausbau des Bildungsangebots und der ärztlichen Versorgung. Um an Wettkämpfen teilnehmen zu können und vor allem für die Jüngeren den sicheren Weg zum Trainingsplatz zu ermöglichen, möchten wir im nächsten Schritt einen Transportbus erwerben. Langfristig streben wir an, für unser Projekt eine eigene Sportanlage vor Ort zu errichten.

Wie können Personen die Sporthilfe Tansania unterstützen?

Mit nur 300 Euro kann ein:e Trainer:in für ein Jahr bezahlt werden, der 30 Kinder regelmäßig betreut. Der Preis für einen Vereinsbus liegt bei etwa 7.000 Euro. Die Kinder sind zudem für Spenden von Sportschuhen sehr dankbar. Grundsätzlich freuen wir uns besonders darüber, wenn Sie unser Projekt weiterempfehlen.

Wie verlief Ihr Weg zur Studienstiftung? 

In die Studienstiftung wurde ich per Vorschlag durch die Schulleitung, also zu Studienbeginn, aufgenommen. Ich habe in der Studienstiftung unglaublich tolle Menschen kennenlernen dürfen – insbesondere im Rahmen der Coachings des Engagementpreises. So hat die Studienstiftung großen Anteil an der Entwicklung des Projektes Sporthilfe Tansania. Mein besonderer Dank gilt dem ehemaligen Präsidenten der Studienstiftung Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Reinhard Zimmermann, der durch seine selbstlose Art ein wunderbares Beispiel für gesellschaftliches Engagement ist.

Für seinen Einsatz zeichnet die Studienstiftung des deutschen Volkes Dr. Steffen Witte als Finalist im Rahmen des Engagementpreises 2024 aus.

Weitere Informationen, Kontakt und Spendenmöglichkeit

  • Kontakt: Dr. Steffen Witte, E-Mail: witte@sporthilfe-tansania.de
  • Spendenkonto: Kontoinhaber: Sporthilfe Tansania e. V., IBAN: DE57 2605 0001 0056 1022 05, BIC: NOLADE21GOE, Sparkasse Göttingen, Verwendungszweck: Unterstützungsaufruf Studienstiftung. Schreiben Sie bitte eine E-Mail an uns, wenn Sie eine Spendenbescheinigung wünschen.
  • Website: www.sporthilfe-tansania.de
  • Social Media: Instagram

<< Zurück zur Übersichtsseite

Stand: Mai 2024